"Volksschullehrer sollen unterrichten, nicht nur Kuschelecken schaffen"
"Volksschullehrer sollen unterrichten, nicht nur Kuschelecken schaffen" Für AHS-Aufnahmetests spricht sich der Erziehungswissenschaftler Marian Heitger im Gespräch mit der "Presse" aus: "Unser Bildungssystem ist nicht in Ordnung, weil die Leistung dauernd abfällt." VON DIETMAR NEUWIRTH WIEN. "Für die Schüler muß das Bewußtsein geschaffen werden, daß sie in eine neue Phase der Entwicklung eintreten und lernen müssen, mit dem Geist richtig umzugehen. Die Volksschullehrer müssen sich wieder bemühen, zu unterrichten und nicht nur Spielwiesen und Kuschelecken zu schaffen. In der pädagogischen Ausbildung der Lehrer müssen wir davon abgehen, daß es am wichtigsten ist, eine schulterklopfende Kumpanei zwischen Lehrern und Schülern zu schaffen." So begründet der Erziehungswissenschaftler Marian Heitger am Dienstag im Gespräch mit der "Presse" seine Befürwortung einer AHS-Aufnahmeprüfung. Heitger weiter: "Unser Bildungssystem ist nicht in Ordnung, weil die Leistung dauernd abfällt." Er selbst habe als Hochschullehrer ein zunehmendes Absacken des Niveaus der Studenten bemerkt. Daher müsse alles unternommen werden, das Niveau der höheren Schulen wieder zu heben. Heitger: "Man wollte den Kindern aus benachteiligten Schichten den Weg zur Bildung erschließen. Man hat dabei die höhere Bildung abgeschafft." Im Gegensatz dazu lehnt die Familienpsychologin Liselotte Wilk eine Aufnahmeprüfung ab. Der "Presse" sagt sie: "Ich gehe von der Situation des Kindes aus. Es ist der Psyche eines Zehnjährigen nicht angemessen, unnötige Belastungen durch einen einmaligen Leistungsnachweis vorzusehen." Hilfe für Pädagogen Dies sei keine geeignete Methode, die Möglichkeiten und Fähigkeiten eines Kindes auszuloten. Wilk bereichert die Diskussion um den Vorschlag, standardisierte Tests österreichweit in den vierten Klassen der Volksschulen anzuwenden, um den Lehrern die Entscheidung bei der Notengebung zu erleichtern. Prinzipiell sollte nach ihrem Dafürhalten der Schulerfolg der vierten Klasse maßgebliches Kriterium bleiben: "Damit ist eine breitere und kompetentere Beurteilung möglich, die Kinder können dabei ihre Leistung auch über einen längeren Zeitraum unter Beweis stellen."